revolutionäre Kräfte in Ägypten haben während der letzten Woche zu einem Generalstreik aufgerufen. Die Organisatoren des Streiks und der Kampagne des zivilen Ungehorsams fordern vom Höchsten Militärrat Ägyptens, die Machtbefugnisse an die zivilen Wahlorgane zu übertragen und so bald wie möglich eine Präsidentenwahl durchzuführen. Sie fordern ebenfalls das sofortige Einhalten aller Arten von Gewalt gegen den Protestierenden. Dieser Aufruf ist teilweise eine Reaktion auf das Fußball-Massaker letzten Mittwochs, doch was viel wichtiger ist: er kommt zu einem Zeitpunkt, an dem so viel Druck wie möglich auf den Höchsten Militärrat ausgeübt werden muss, ohne dass mehr Blut vergossen wird. Die Deutsche Schule der Borromeärinnen (DSB) ist eine historisch revolutionäre Institution, die der ägyptischen Gesellschaft jahrelang mit Stolz und Ansehen Generationen von starken, kritisch denkenden und unabhängigen jungen Mädchen geschenkt hat. Der Geschichtsunterricht der DSB beinhaltet immer kritische Auseinandersetzungen mit historischen Texten - hierdurch lernen die Schülerinnen den Unterschied zwischen Argument und Propaganda. In den Naturwissenschaften vertiefen die Schülerinnen ihre kritischen und systematischen Denkfähigkeiten und heben sich dadurch von den Schülern anderer Institutionen ab. Im Deutschunterricht haben die Schülerinnen Zugang zur Welt der europäischen Literatur und somit zu den Werken von Aristotles, Goethe, Schiller, Kant, Zweig und Frisch. Schülerinnen der DSB debattierten schon über Ideen der Freiheit, der Demokratie und der Gerechtigkeit lange bevor die Revolution ausbrach. Schülerinnen der DSB werden zu mutigen, unabhängigen und motivierten jungen Damen mit starker Persönlichkeit ausgebildet, die sich für solche Prinzipien einsetzen und für die Freiheit ihres Landes kämpfen. Es wäre widersprüchlich, wenn die Verwaltung der Schule die Schülerinnen beim Umsetzen dieser erlernten Prinzipien nicht unterstützt, sie sogar verhindert. Es ist deshalb enttäuschend, dass die DSB am Generalstreik nicht beteilgt ist. Wir verstehen, dass die Unruhen im Laufe des Schuljahres einen starken Unterrichtsausfall bewirkt haben und, dass die Schülerinnen diese Unterrichtsstunden so schnell wie möglich nachholen müssen. Gleichzeitig müssen wir erkennen, dass wir eine historische Zeit durchleben und dass die Schülerinnen mehr durch ihre aktive Teilnahme an solchen Ereignissen lernen können als aus ihren Schulbüchern. Schüler der Amerikanischen Universität in Kairo, die übrigens am Generalstreik teilnehmen, erklärten gestern in ihrer offizieln Aussage, dass sie streiken werden, weil “unsere Bildung keinen Wert hat, wenn unser Leben wertlos ist.” Wir, Ehemalige der DSB, rufen die Verwaltung auf, die Schülerinnen unbehindert streiken zu lassen. Wir unterstützen die Schülerinnen der DSB im Falle von einem Streik und versichern, dass wir ebenfalls gestreikt hätten, wenn wir noch an der Schule wären.