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Für eine stärkere Allgemeinmedizin an der MUW

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In Österreich sind 33,2% der berufstätigen Ärzte Allgemeinmediziner(1) – legt man dies auf die 6915 Medizinstudenten an der MUW im Jahr 2011 um, so bedeutet dies trotz des sinkenden Interesses am Allgemeinmedizin-Turnus, dass etwa 2000 Studenten in Zukunft das Fach Allgemeinmedizin ausüben werden.(2) Für diese Studenten gibt es eine Abteilung für Allgemeinmedizin mit nur noch zwei allgemeinmedizinischen Mitarbeitern für Forschung und Lehre, welche über das Globalbudget bezahlt werden. In den letzten zwei Jahren wurden außerdem zwei weitere Stellen nicht nachbesetzt. Dieses Faktum alleine sollte schon hinreichend sein, um unsere Forderung zu begründen:
Eine personelle und finanzielle Stärkung der Abteilung für Allgemeinmedizin!

Allerdings gibt es noch weit mehr Gründe, die diese Forderungen unterstreichen.

Die Bedeutung der Allgemeinmedizin

Viele derzeitige Allgemeinmediziner haben das Fach nicht primär aus Interesse, sondern aus anderen Gründen gewählt.(3) Jedoch kann die Wichtigkeit der Allgemeinmedizin im Gesundheitssystem nicht geleugnet werden.(4–6) Eine flächendeckende kassenärztliche Allgemeinmedizin-Versorgung sollte die Basis unseres Gesundheitssystems darstellen. Dies ist jedoch u.a. nur durch eine hochqualitative Aus- und Weiterbildung gewährleistet, welche nicht nur wichtigsten inhaltlichen Grundlagen und Fertigkeiten vermittelt, sondern auch das Interesse und die Motivation für dieses verantwortungsvolle und vielseitige Fach beleben kann.

Die akademische Verankerung der Allgemeinmedizin

Wenn die Allgemeinmedizin diese Rolle im Gesundheitssystem einnehmen soll, braucht sie auch die akademische Unterstützung und Infrastruktur, um Forschung betreiben und sich weiter entwickeln zu können. Dazu gehört auch, dass Studenten die dieses Fach anstreben ihre Diplomarbeit in diesem Fach verfassen können und sich damit essentielle Grundfertigkeiten im selbstständigen wissenschaftlichen Arbeiten aneignen können, die notwendig sind um eine Generation an Allgemeinmedizinern mit Begeisterung für Fach und Forschung zu schaffen. Die Nachfrage nach Diplomarbeiten zu allgemeinmedizinischen Themen übersteigt derzeit bei weitem die Kapazität der beiden verbliebenen Mitarbeiter.

Allgemeinmedizinermangel

Strukturelle Aspekte im Gesundheitssystem machen eine Karriere in der Allgemeinmedizin für Studenten möglicherweise uninteressant, jedoch gibt es einige Faktoren an der Universität die dem entgegen steuern können – wie etwa die Anzahl an Vollzeit-Beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeitern an einem Institut für Allgemeinmedizin.(7) So kann möglicherweise mittelfristig die intrinsische Motivation der Studenten die Hindernisse auf dem postgraduellen Ausbildungsweg kompensieren oder diese sogar durch ein bestärktes Engagement der Studenten und Jungärzte aus dem Weg räumen.

Soziale Verantwortung der Universität

Eine öffentliche Universität ist eine von Steuergeldern finanzierte Bildungseinrichtung, die zum Ziel haben „verantwortlich zur Lösung der Probleme des Menschen sowie zur gedeihlichen Entwicklung der Gesellschaft und der natürlichen Umwelt beizutragen“. (8) Die zukünftige Sicherstellung einer hochqualitativen medizinischen Primärversorgung kann durchaus als eines dieser Probleme gelten. Somit liegt es in der Verantwortung der Universitäten, auch diesen Bereich hinreichend abzudecken.

Die Notwendigkeit von Forschung in der Primärversorgung

Nicht alle Ergebnisse der klinischen Forschung sind auch 1:1 in den niedergelassenen Praxisalltag übertragbar. Neben der absolut notwendigen klinischen Forschung zur Prävention und Behandlung von Erkrankungen gibt es deshalb auch eine Notwendigkeit von kontextueller Forschung, um die klinischen Forschungsergebnisse effektiv in den Praxisalltag integrieren zu können. Des Weiteren braucht es Forschung zur Wirksamkeit von gesundheitspolitischen Entscheidungen und Maßnahmen, um eine evidenzbasierte Entscheidungsfindung zu fördern. (9)

Schlussfolgerung

Eine starke akademische Präsenz der Allgemeinmedizin an den Universitäten ist eine absolute Notwendigkeit, um der Bevölkerung auf lange Sicht eine hochwertige medizinische Grundversorgung bereit zu stellen und Forschungsergebnisse der Universitäten besser zugänglich machen zu können. Wir fordern deshalb eine Stärkung der Abteilung für Allgemeinmedizin an der Medizinischen Universität Wien. Mehr Stellen für Forschung und Lehre können die Allgemeinmedizin besser im Curriculum vertreten und mehr Studenten für dieses einzigartige Fach begeistern.

Literatur

1. OECD. OECD Factbook 2013: Economic, Environmental and Social Statistics. 2013.

2. Statistik Austria. Medizinstudenten an der Medizinischen Universität Wien in 2011. 2013.

3. Spiegel W, Haoula D, Schneider B, Maier M. Allocation of Training Posts to Applicants for Postgraduate Medical Education in Austria: Survey and Analysis. Academic Medicine. 2004 Jul;79(7):703–10.

4. International Conference on Primary Health Care. Declaration of Alma-Ata. WHO chronicle. 1978;32(11):428–30.

5. Cathcart G. Primary care in the driver’s seat? Organizational reform in European primary care. 2007 Nov p. 250–2.

6. WHO. The world health report 2008: primary health care - now more than ever. World Health Organization; 2008 p. 119.

7. Bland C. Determinants of primary care specialty choice - a non-statistical meta-analysis of the literature. Academic Medicine. 1995;70(7).

8. BGBl. I Nr. 120/2002 (NR: GP XXI RV 1134 AB 1224 S. 111. BR: 6697 AB 6717 S. 690.). Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 - UG). 2013.

9. De Maeseneer JM, Van Driel ML, Green L a, Van Weel C. The need for research in primary care. Lancet. 2003 Oct 18;362(9392):1314–9.

Sponsor

Sebastian Huter Junge Allgemeinmedizin Österreich (JAMÖ)

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